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Interview mit Tomasz Grela, CEO von ALUPROF SA

Redaktion: Herr Grela, Sie stehen seit mehr als zehn Jahren an der Spitze von Aluprof. Was hat sich in dieser Zeit im Unternehmen und in der Branche verändert?

Tomasz Grela: Ja, das ist wirklich schon über ein Jahrzehnt. Obwohl es sich für mich gar nicht so anfühlt. Der Job bereitet mir einfach viel Freude und stellt mich immer wieder vor neue Herausforderungen. Und auch, wenn ich lieber in die Zukunft schaue als zurückblicke: Es hat sich in der Tat in den letzten zehn Jahren viel verändert – zum Besseren. Als ich diese Position angetreten bin, bewegte sich der Jahresumsatz des Unternehmens bei rund 400 Millionen PLN (rund 91 Millionen Euro), heute sind es über 1,2 Milliarden PLN (rund 273 Millionen Euro). Wir erweitern derzeit unsere Produktionsstätten in Bielsko‐Biała und Opole, wir haben eine zweite vertikale Lackieranlage gekauft und im Herbst eröffnen wir unser neues Forschungs‐ und Innovationszentrum. Zudem laden wir seit Anfang des Jahres in unseren Showroom ein, in dem Architekten, Hersteller und Endkunden die Möglichkeit haben, Aluprof‐Produkte in einem authentischen Umfeld zu sehen. Im Moment sind wir der Branchenführer auf dem heimischen und ein wichtiger Akteur auf dem europäischen Markt. Wir bauen unser Geschäfts‐ und Kundenportfolio konsequent aus und steigern jedes Jahr unseren Gewinn.

Redaktion: Inwiefern hat sich die Branche verändert?

Tomasz Grela: In den vergangenen 20 bis 25 Jahren hat sich die Aluminiumproduktion verdreifacht. Der polnische Export dieses Rohstoffs beläuft sich bereits auf über eine Million Tonnen. Zu den Kunden gehören die Bau‐, Automobil‐ und Verpackungsindustrie. In vielen Bereichen ist Aluminium ein konkurrenzloser und recycelbarer Werkstoff. Durch den Einsatz von wiederverwertbaren Materialien bei der Herstellung von Sekundärrohstoffen wird ein 20‐mal geringerer Energieverbrauch erreicht als bei der Primärproduktion.
Globale Trends und die Umweltanforderungen der Europäischen Union zur Reduzierung der CO²‐Produktion fördern eine ressourcen‐ und energieeffiziente Wirtschaft. Die Bauindustrie der Zukunft ist umweltbewusst – und das ist die Perspektive für den Rohstoff Aluminium, denn er passt perfekt zu den Trends der nachhaltigen Entwicklung. Die Verwendung von Aluminium ist ein entscheidender Aspekt beim Bau von Gebäuden, die nicht nur Energie sparen, sondern auch erzeugen sollen.

Redaktion: Wie sehen Sie dann die Zukunft der Aluminiumindustrie?

Tomasz Grela: Obwohl der Werkstoff selbst bereits seit 200 Jahren bekannt ist, gilt er immer noch als innovativ und ist der „Motor“ der technologischen Revolution. Er kommt in nahezu allen Industriezweigen zum Einsatz. Natürlich sind wir am meisten am Baubereich interessiert; denn Fassaden, Fenster, Türen und Rollläden aus Aluminium sind leicht und langlebig. Zudem bietet der Einsatz von Aluminiumprofilen eine Vielzahl an Konstruktionsmöglichkeiten, insbesondere in Bürogebäuden und großen Geschäftshäusern. Studien haben gezeigt, dass die Lebensdauer bei Fenstern bis zu 80 Jahre beträgt. Auch bei privaten Projekten kommen zunehmend Aluminiumkomponenten zum Einsatz.
Grund dafür ist der aktuelle Trend, Innenräume mit Industriecharakter zu gestalten. Große Glasflächen mit schmalen Rahmen sind dabei äußerst beliebt – und lassen sich eben ausgesprochen gut mit Aluminium umsetzen. Auch auf dem Gebiet des Schallschutzes, der Brand‐ und Einbruchssicherheit und seit kurzem auch des Hochwasserschutzes haben wir viel zu bieten. In diesen Bereichen haben unsere Fenster, die auch in Einfamilienhäusern eingesetzt werden können, diverse Tests erfolgreich bestanden.

Redaktion: Das sind viele gute Eigenschaften, die Aluminium zu bieten hat. Aber das waren wohl noch nicht alle?

Tomasz Grela: Aluminium ist enorm formbar, so dass selbst ausgefallenste Architekturprojekte umgesetzt werden können. Unsere Aluminiumsysteme können zudem mit einer Reihe von Farben und Strukturen veredelt werden: matt, glänzend oder texturiert, aber auch holzähnliche Oberflächen sind möglich. Urbanisierungstrends, steigender Energiebedarf, Klimawandel – all dies erfordert innovative und gleichzeitig umweltfreundliche Lösungen. Aluminium ist meiner Meinung nach die Antwort auf diese Herausforderungen.
Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit der Schlesischen Technischen Universität, der Technischen Universität Krakau und der Akademie der Technik und Geisteswissenschaften Bielsko-Biała das Programm „Aluprof 4 future“ ins Leben gerufen. Mit diesem Projekt wollen wir junge Architekten und angehende Bauingenieure über Aluminiumsysteme informieren und ihr Know‐how in diesem Bereich ausbauen. Wichtiger Bestandteil des Projekts ist es, dass die angehenden Bauprofis die Branche durch Besuche in unseren Werken, Vorträge von Experten, Teilnahme an Konferenzen und wissenschaftlichen Gremien sowie Studentenpraktika und Praxistrainings besser kennenlernen.

Redaktion: Auf welche Weise wirkt sich dies auf die Entwicklungspläne des Unternehmens aus?

Tomasz Grela: Wir müssen zugeben, dass sich der polnische Markt in unserem Geschäftsbereich hauptsächlich aufgrund der Aktivitäten auf den Auslandsmärkten weiterentwickelt. In den letzten fünf Jahren konnte der Umsatz um neun Prozent erhöht werden; gleichzeitig wuchsen die Exporte um 64 Prozent. Daher ist es unser Hauptziel, den Exportumsatz zu steigern. Wir sind wirklich stolz darauf, derzeit mit 55 Ländern zusammenarbeiten zu können und auf einem Niveau von 40 Prozent des Gesamtumsatzes zu exportieren. Zu unseren Abnehmern gehören unter anderem die Vereinigten Staaten, Kenia, der Senegal, der Iran und die Mongolei. Mit unseren Produkten erreichen wir fast alle Ecken der Welt. Unser Ziel für 2020 ist es, einen Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden PLN (340 Millionen Euro) zu erzielen. Allerdings wollen wir uns da nicht selbst zu sehr in die Ecke drängen. Uns ist wichtig, weiterhin flexibel auf Marktanforderungen und andere Faktoren reagieren zu können – das ist eine Stärke von uns.
Um den Vertrieb unserer Systeme auf neuen Märkten voranzutreiben, arbeiten wir verstärkt mit ausländischen Forschungseinrichtungen zusammen, um entsprechende Zertifikate zu erhalten. So haben wir kürzlich unsere Systeme bei einer schwedischen Wirtschaftsgesellschaft angemeldet, die unsere Produkte auf Nachhaltigkeit bewertet hat, und erhielten ein weiteres EPD‐Umweltzertifikat (Environmental Product Declaration).
Die Exportaktivitäten sind auch eine Gelegenheit, das Image unseres Landes zu prägen. Wir bieten Produkte von höchster Qualität, und auf Messen betonen wir stets unsere polnische Herkunft.

Redaktion: Geben Sie diese Wachstumsdynamik auch an Ihre Kunden weiter?

Tomasz Grela: Ja, natürlich. Wir haben von Anfang an darauf geachtet, unsere Produkte so schnell, so vollständig und so gut wie möglich an unsere Kunden auszuliefern. Wir produzieren Aluminiumsysteme , keine einzelnen Fenster und Türen, deshalb freuen wir uns sehr, dass Polen nicht nur der führende Exporteur der Branche ist, sondern, wie Untersuchungen zeigen, auch für fast ein Viertel des Auslandsumsatzes der EU‐Länder verantwortlich ist.
Polnische Unternehmen haben die Nische im Bereich der Ausbauelemente besetzt. Ich bin beeindruckt von den Exportergebnissen, die unsere Kunden erzielt haben, die sich aus polnischen Unternehmen zusammensetzen, die in ganz Europa bekannt sind und mit Produkten höchster Qualität assoziiert werden. Das sind die Ergebnisse harter Arbeit beim Aufbau der Marke auf ausländischen Märkten. Wir wachsen zusammen und unsere Kunden unterstützen aktiv die Förderung unserer Lösungen auf ausländischen Märkten.

Redaktion: Wie würden Sie die Beziehung zu Ihren Kunden charakterisieren?

Tomasz Grela: Wie ich bereits sagte, wachsen wir mit unseren Kunden zusammen. Dadurch, dass sie immer komplexere Designprojekte entwickelt haben, wurden Auftragnehmer und Architekten davon überzeugt, dass es notwendig ist, bei der Umsetzung unsere Lösungen einzusetzen. So haben wir nach und nach die wichtigsten Architekten erreicht. Alles, was wir tun mussten, war zu beweisen, dass es sich lohnt, uns zu vertrauen – und es hat funktioniert. Heute besteht unsere Kundenstrategie darin, dass sie die Möglichkeit haben, mit einer starken Marke zusammenzuarbeiten. Mit einem Partner, der flexibel agieren kann und bereit ist, neue Herausforderungen anzunehmen – und zudem über eine umfangreiche Palette bewährter Produkte verfügt, die sich erfolgreich in aktuelle und zukünftige Bautrends integrieren lassen. Uns ist wichtig, dass Architekten, Bauherren, Generalunternehmer und alle, die die Marke Aluprof kennen, sie mit höchster Qualität und einer breiten Produktpalette assoziieren.

Redaktion: Große Pläne und Prognosen. Sind Sie dabei nicht etwas zu optimistisch?

Tomasz Grela: In diesem Fall muss ich kein Optimist sein – das ist einfach die Realität [lacht]. Das zweite Quartal 2019 haben wir mit weiteren Umsatz‐ und Produktionsrekorden abgeschlossen. Zudem haben wir in diesem Jahr bereits die wichtigsten Branchenauszeichnungen erhalten: die Große Perle der polnischen Wirtschaft und den Forbes‐Diamant. Auch die Wochenzeitung „Wprost“ hat uns erneut in ihre Ranglisten aufgenommen (200 größte Unternehmen, 100 Botschafter, 50 Geparden), wo wir in jeder Kategorie unsere aktuelle Position verbessert haben. Im vergangenen Jahr wurden wir neben 500 anderen Herstellern wie Mercedes, Philips und Onet in der Rangliste der Top‐Marken geführt. Eine Umsatzsteigerung von 100 Millionen Euro ist definitiv ein realistisches Ziel. Die Produktion ist dabei jedoch nur eine Seite der Medaille. Wir engagieren uns auch für die Bauindustrie der Zukunft – denn Innovation ist unser zweiter Vorname.

Redaktion: Wahrscheinlich ist Ihr Kalender bis zum Rand gefüllt. Haben Sie in diesem Moment der Unternehmensentwicklung überhaupt Zeit für Urlaub?

Tomasz Grela: Das Motto der heutigen Zeit könnte lauten: In kürzester Zeit so viel wie möglich erreichen. Wir glauben, und das gilt sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer, dass wir durch die längere Arbeitszeiten und den Verzicht auf Freizeit dem Unternehmen und uns selbst immer schneller immer höhere Gewinne erwirtschaften. Doch das ist ein Irrtum. Ein entspannter und zufriedener Mitarbeiter arbeitet viel effektiver. Ein Tapetenwechsel, verschiedene Freizeitaktivitäten, Entspannung – all das ermöglicht es, sich abzureagieren oder Abstand von schwierigen beruflichen Themen zu gewinnen. Deshalb gibt es auch in meinem Kalender immer Platz für Urlaub, um Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. Das gibt mir neue Energie, völlig neue Einblicke und ermöglicht es mir, meine Aufgaben viel effizienter zu erledigen.